Heil werden, wie geht das?

„Wir sind nicht Menschen, die spirituelle Erfahrungen machen, sondern spirituelle Wesen, die menschliche Erfahrungen machen.“ Teilhard de Chardin. Die Medizin untersucht die Faktoren, die zu Krankheit führen und bezeichnet dies als Pathogenese (griech. Pathos = Krankheit, Genesis = Entstehung) Die Fertigkeiten, die zu entwickeln sind, um den Heilungsvorgang zu fördern benennt sie als Salutogenese (lat. Salus = […]

„Wir sind nicht Menschen, die spirituelle Erfahrungen machen, sondern spirituelle Wesen, die menschliche Erfahrungen machen.“ Teilhard de Chardin.

Die Medizin untersucht die Faktoren, die zu Krankheit führen und bezeichnet dies als Pathogenese (griech. Pathos = Krankheit, Genesis = Entstehung) Die Fertigkeiten, die zu entwickeln sind, um den Heilungsvorgang zu fördern benennt sie als Salutogenese (lat. Salus = Heil). Erstere Betrachtungsweise erschafft mit dem Gegensatz krank versus gesund eine Spaltung, die den Menschen zu einem Maschinenmodell degradiert. Die Salutogenese (Aaron Antonovsky, 1923-1994) dagegen stellt diese Aufspaltung in Frage und postuliert ein Kontinuum, in dem jeder Mensch zum Teil gesund und zum Teil krank ist, der eine mehr, der andere weniger.

Fördernd für diesen Prozess ist die Entwicklung eines Kohärenzgefühls, das drei Komponenten umfasst:

  1. Verstehbarkeit : Ausmaß, in welchem man interne und externe Stimuli als kognitiv sinnhaft wahrnimmt, als geordnete, strukturierte und vorhersehbare und erklärbare Ereignisse (und nicht als chaotisches, unerklärliches und willkürliches Schicksal)
  2. Handhabbarkeit : Man erkennt, dass einem Ressourcen zur Verfügung stehen, mit deren Hilfe man Probleme bewältigen kann. Ressourcen können aus einem Selbst oder von anderen kommen. Keine Opferrolle, kein Fatalismus.
  3. Bedeutsamkeit: Die vom Leben gestellten Probleme und Anforderungen sind es wert, gemeistert zu werden, oder zumindest ein Teil davon. Unglückliche Erfahrungen als Herausforderungen. Motivation!

Neuere Erkenntnisse haben zu einer neuen Sichtweise geführt. Eine neurobiologisch zentrale Empfindungsfähigkeit für stimmige Verbundenheit, sowohl innerseelisch als auch im sozialen Miteinander ist dem Menschen angeboren. Körper, Gefühle und Gedanken sind eng miteinander verwoben und wirken ineinander. Wie ein Netz sich insgesamt verformt, wenn an einem einzelnen Faden gezogen wird, so reagiert der Körper durchdrungen von einem Informationsfeld, das wir durch unsere Erfahrungen, unser Denken und Fühlen beeinflussen und gestalten. Es sieht so aus, dass der Heilungsvorgang durch unser mentales und emotionales Bewusstsein gefördert oder eben auch behindert wird. Für mich ist es durchaus denkbar, dass Krankheit eine kreative Leistung des Selbst ist. C. G. Jung beschreibt den Vorgang der Individuation als das Sich-Selbst-Bewusstwerden der Seele. Das kann aufgrund der menschlichen Bedingtheit nur über der Erfahrungsweg geschehen. Leben will gelebt werden. Dazu gehört das Durchschreiten der Gegensatzspannungen, also auch das Erfahren von Krankheit und Gesundheit und ihr gegenseitiges sich Bedingen. Nicht die Neurose wird geheilt, sondern die Neurose heilt uns.

„Der Mensch bekommt seine Krankheit nicht nur, er macht sie auch. Krankheit ist Können.“ (Weizsäcker 1956)

„Letztlich weiß niemand, weshalb Menschen krank werden. Jede Ursachenforschung bleibt Mutmaßung und Spekulation. Wir können uns nur dem Geheimnis der Heilung öffnen. Heilung entspringt der Quelle des Lebens, in der die Information des gesamten Universums enthalten ist. Als Geschöpfe dieses Universums sind wir mit großen Selbstheilungskräften ausgestattet. Heilung ist immer möglich, doch wir dürfen nicht der Hybris verfallen, wir könnten sie willentlich herbeiführen. Wir können uns ihr nur öffnen und sie in unser Leben einladen. Heilwerden heißt Ganzwerden.“ (Klaus-Dieter Platsch)