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Krankheit – ein guter Anlass heil zu werden
02. Dez 2012
von Hanswerner Herber
Stress im Job: ein Gesundheitsrisiko.
Sterberisiko steigt mit den psychischen Auffälligkeiten
Psychische Probleme: Schon ein bisschen Stress tötet.
Das Leben von Menschen mit psychischen Problemen ist verkürzt. Auch dann, wenn die Beschwerden noch keinen Krankheitswert haben.
So reißerisch, so gut… dachten sich wohl die medizinischen Gazetten, als sie eine schottische Metaanalyse (BMJ 2012; 345: e4933) vorstellten. Zwischen psychischen Problemen und dem Sterberisiko besteht quasi eine „Dosis-Wirkungs-Beziehung“, so wurde dort konstatiert.
Die Studienteilnehmer waren im Mittel 55 Jahre alt und frei von Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen. Während der Beobachtungszeit von acht Jahren starben 8365 von ihnen. Das Sterberisiko nahm mit den psychischen Auffälligkeiten zu – und zwar über das gesamte Spektrum hinweg. Bei subklinischen Beschwerden betrug der Mortalitätsanstieg 16 Prozent; er erhöhte sich bis auf 67 Prozent bei starken Symptomen.
Ein ähnlicher Zusammenhang ergab sich, wenn nur die Todesfälle mit kardiovaskulärer Ursache berücksichtigt wurden: Abhängig vom Schweregrad des psychischen Leidens stieg das Risiko um 25 bis 72 Prozent. Todesfälle durch externe Ursachen traten um 23 bis 219 Prozent häufiger auf.
Das Risiko, an Krebs zu sterben, war dagegen ausschließlich bei starken psychischen Symptomen erhöht, und zwar um 29 Prozent. Bei diesen Mortalitätssteigerungen ist bereits der Einfluss von Alter, Komorbiditäten und Lebensstil herausgerechnet. Das heißt, die Assoziationen waren nicht oder höchstens teilweise dadurch zu erklären, dass die Patienten in schlechterer seelischer Verfassung waren, weil sie bereits ein somatisches Leiden hatten.
Da subklinische psychische Probleme weit verbreitet sind, gehen die Studienautoren davon aus, dass sie einen großen Beitrag zur Mortalität leisten: Nach ihrer Berechnung sind sie für 3,8 Prozent aller Todesfälle in der Bevölkerung verantwortlich. Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen beziehungsweise durch externe Ursachen gehen demnach sogar zu 5,8 Prozent und 5,4 Prozent auf das Konto solcher leichteren psychischen Beschwerden.
Die schottischen Wissenschaftler vermuten, dass die Verkürzung der Lebenserwartung eine direkte Folge von psychischem Disstress ist – und nicht eine indirekte Folge durch die Vernachlässigung der Gesundheit. So beeinflusst akuter psychischer Stress die kardiovaskulären Funktionen und kann zum Beispiel transiente Myokardischämien auslösen.
Weiterhin können seelische Probleme über die Hypothalamus-Hypohphysen-Nebennierenrinden-Achse die Kortisolproduktion erhöhen. Auch steigt bei depressiven Symptomen die Konzentration vieler Entzündungsmarker. Die Autoren fordern nun Studien, in denen geprüft wird, ob eine Behandlung von subklinischen psychischen Problemen in der Lage ist, Lebenszeit zu retten.
Soweit die „Wissenschaft“. Hören wir, was die Wissenden zu sagen haben.
„Krankheit ist Können.“ Das sagt Viktor von Weizsäcker (1956). Der Mensch bekomme seine Krankheit nicht einfach, er mache sie auch, so weiß er. Und mit ihm alle Kollegen, die einige Jahre (bei mir sind es bald 40) medizinischen Daseins auf dem Buckel haben. Die zahlreichen Lebens-, Leidens- und Heilungsgeschichten beweisen mir eines ganz klar: Die Seele ist ein Regulationssystem, das mich vor „Schlimmen“ bewahrt, in dem sie mich „Kränkungen“ vergessen und verdrängen lässt, wenn ich sie noch nicht fassen und bewältigen kann, die mir aber auch – mitunter verschlüsselt – Nachricht gibt, dass es jetzt an der Zeit sei, einen Entwicklungsschritt zu tun. Bleibt dieser mir unbewusst, weil ich nicht achtsam bin, oder ich mich gar davor drücke, dann scheut sie sich auch nicht, ihre Botschaft in eine Krankheit zu kleiden. – So what?
Ob die Schulmedizin und die zugehörige Zulieferindustrie die Metaanalyse aus Perth zur Kenntnis nimmt? – Never!
Hanswerner Herber